Bei Pick-by-Vision handelt es sich um ein Kommissionier-Verfahren, bei der ein Kommissionierer mit Hilfe Datenbrille und kontextbezogenen Informationen Artikel beziehungsweise Güter für Kunden- oder Produktionsaufträge zusammenstellt. Die Datenbrille, auch Smartglasses genannt, versorgt den Mitarbeiter auf seinem Rundgang nicht nur kontinuierlich mit Informationen zum jeweiligen Auftrag; die Brille zeigt dem Kommissionierer auch, in welchem Regal oder auf welcher Palette sich ein Artikel befindet. Zudem kann, in Abhängigkeit der Software, der kürzeste und somit effizienteste Weg zum Lagerort angezeigt werden. In der Regel wird die Position des jeweiligen Mitarbeiters durch ein Trackingsystem dauerhaft erfasst.

Manuelle Kommissionier-Systeme (Mann-zu-Ware) kommen trotz zunehmender Digitalisierung wegen ihrer hohen Flexibilität noch immer häufig zum Einsatz. Auf der einen Seite sind diese Systeme zwar durch den Faktor Mensch fehleranfällig; durch die digitalisierten Prozessabschnitte innerhalb der Kommissionierung sind fehlerhafte Picks allerdings selten. Mit Pick-by-Vision soll in Zukunft die Fehlerquote weiter reduziert werden. Wird beispielsweise der auf dem Lagerort aufgedruckte Barcode in das Sichtfeld (Scanner) der Smartglasses gehalten, informiert das darauf installierte System den Kommissionierer, ob er die richtige Ware gegriffen hat und in welcher Menge dieser Artikel zusammengetragen werden muss. Zudem erlauben einige Systeme gleichzeitig die Abbildung des zu kommissionierenden Artikels (siehe Video).

Hinweis: Bei der auf der Datenbrille installierten Technologie handelt es sich um Augmented Reality, kurz AR. Es ist eine digitale Erweiterung der menschlichen Realitätswahrnehmung.

In den letzten Jahren haben sich etliche Kommissionier-Verfahren am Markt etabliert. Angefangen bei Pick-by-Paper, bei dem anhand eines Belegs die Aufträge abgearbeitet werden. Auf dem Beleg (Pickzettel) selbst sind Lagerplatz, Artikelnummer und Menge vermerkt. Nachteile: Erst am Ende des Rundgangs erfolgt ein Bestandsabgleich mit dem Warehouse-Management-System beziehungsweise mit dem ERP-System. Weitere Verfahren sind Pick-by-Light, Pick-by-Scan (Pick-by-MDE) und Pick-by-Voice. Um beide Hände frei zu haben und auf sogenannte Handhelds zu verzichten oder um hohe Investitionen für die benötigte Infrastruktur zu meiden (Pick-by-Light), sehen viele Experten in der Variante mit der Datenbrille mehr als nur einen Trend. Pick-by-Vision vereint ihrer Meinung nach die Vorteile von Pick-by-Voice und Pick-by-Light in einem System.

Pick-by-Vision im Überblick

  • Kontextabhängige Einblendung aller für den Kommissionier-Vorgang notwendiger Daten
  • Kommunikation über ein Interaktionsgerät (Spracheingabe)
  • Kommunikation über Gesten (Wink)
  • Kommunikation über ein externes Gerät
  • Datenaustausch mit dem übergeordneten System (WMS)
  • Online über Funkverbindung (WLAN)

Technische Voraussetzungen

  • Kamera
  • Prozessor zur Berechnung der Eingabe und Ausgabe
  • Sensoren zur Orientierung (Beschleunigungsmesser, Gyroskop)
  • Individuelle Software für Logik und Inhalt
  • Display zur Darstellung von Augmented Reality
  • Sensoren zur Positionsbestimmung (lokales Koordinatensystem)
  • Datenbank (Bilder, Produktinformationen)
  • Schnittstellen zum Lagerverwaltungssystem, ERP-System

Vorteile Pick-by-Vision

  • Beide Hände frei zum Kommissionieren
  • Erhöhung der Kommissionier-Geschwindigkeit
  • Hohe Kommissionier-Qualität
  • Digitale Pickliste, Artikelbeschreibung
  • Markierung des Lagerfachs/ Entnahmebehälters
  • Navigation zum Entnahmeort
  • Markierung des Ablageortes (Kommissionier-Wagen)
  • Für unterschiedliche Lagerarten geeignet
  • Direkte Bestandsabgleich mit Lagersystem
  • Audiovisuelle Unterstützung
  • Hohe Flexibilität bei Mitarbeitern, Einsatzort
  • Geringe Schulungskosten
  • Reduzierung von Wegzeit, Basiszeit, Totzeit

Nachteile Pick-by-Vision

  • Datenbrille muss industrietauglich sein
  • Akkulaufzeit gering – externe Akku-Packs erforderlich
  • Lückenlose WLAN-Abdeckung erforderlich (100 Prozent)
  • Fehlende Akzeptanz bei älteren Mitarbeitern
  • Es kann zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Schwindelgefühl kommen
  • Brillenträger benötigen zusätzlich kostspieliges Sichtglas
  • Es braucht Übung, den Scan auf den Punkt (Barcode) genau zu fixieren. Sind mehrere Barcodes nebeneinander aufgeklebt, wird es zunehmend schwerer, den passenden zu erfassen

Zusammenfassung: Pick-by-Vision in der Praxis

Pick-by-Vision in der Kommissionierung wird auch bei der DHL bereits erprobt.
Pick-by-Vision ist speziell in der Kommissionierung eine Erleichterung für den Mitarbeiter. Bild: DHL

Der Mitarbeiter wird über die eingeblendeten Informationen auf dem Display der Datenbrille durch den gesamten Kommissionier-Auftrag geführt. Das interne Navigationssystem leitet ihn direkt zum Lagerplatz und über die optische Einblendung werden Artikel und Pick-Zahl angezeigt. Mit dem in der Datenbrille integrierten Scanner wird der Pickvorgang schließlich bestätigt und abgeschlossen. Durch die Verwendung von Augmented Reality (AR), wird der normale Sichtbereich des Benutzers um hilfreiche, virtuell generierte, Informationen erweitert.

Wichtig: Zusätzlich muss man erwähnen, dass die AR-Technologie, die Datenbrille gepaart mit industriellen Umgebungen noch in den Kinderschuhen steckt (Stand 2017). Die Brillen sind zum einen noch in vielen Situationen nicht ausreichend robust genug; zum anderen sind es die Technologien wie WLAN und Bluetooth, die sich funktechnisch entweder selbst stören oder durch Umwelteinflüsse (Stahlbau, Flüssigkeiten oder anderes Material) beeinflusst werden.

Weitere Informationen zum Thema Datenbrille und AR-Technologie finden Sie auch im Praxistest der Dr. Thomas + Partner GmbH & Co. KG (Anmerkung der Redaktion: Das Unternehmen DR. THOMAS + PARTNER heißt seit dem 16.03.2022 offiziell TUP GmbH & Co. KG.): Datenbrillen in der Intralogistik – Teil 1: Google Glass 1 im Test / Datenbrillen in der Intralogistik – Teil 2: Vuzix Smart Glasses M100 im Test.

Teaserbild: DHL-Pressebereich

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