In der Distributionslogistik stellt das Festlegen von Lagerstandorten eine strategische Entscheidung dar. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen zentralen und dezentralen Standorten, die sich unterschiedlich auf die Logistikkosten (siehe auch Lagerhaltungskosten) und den Lieferservice (siehe auch Perfect Order Fulfillment) auswirken können; eine Kombination aus beiden Varianten ist aber auch möglich.

Ein zentrales Lager bündelt das gesamte Sortiment (siehe auch Sortimentsdimensionen) eines oder mehrerer Hersteller. In der Regel werden Kunden von einem einzigen Standort aus beliefert, während dezentrale Lösungen über mehrere strategisch-geografisch verteilte Lager verfügen, die grundsätzlich nicht das gesamte Sortiment vorrätig halten.

Charakteristika eines zentralen Lagers

Da, wie schon erwähnt, ‚alle‘ Aufträge und somit alle Versendungen ausschließlich von einem zentralen Standort aus abgewickelt werden, herrscht innerhalb eines Zentrallagers ein hoher Umschlag; dies erfordert oftmals einen ebenso hohen Automatisierungsgrad. Die hohe Automatisierung eines zentralen Lagers wird zudem begünstigt, da es einfacher ist, artikelspezifische Lagerungen sowie Standardisierungen umzusetzen; ebenso ist der Verwaltungsaufwand geringer. Allerdings können nicht alle Kundenwünsche/Bestellungen gleichermaßen schnell erfüllt werden, da sich beispielsweise bei einem einzigen Standort die Entfernungen zum Kunden sehr unterscheiden.

Vorteile eines zentralen Lagers

  • Geringere Lagerkosten / geringere Standortkosten
  • Effizientere Lagerorganisation und -verwaltung
  • Hoher Automatisierungsgrad möglich
  • Niedrige Personalkosten
  • Wenn Standort zentral gelegen, relativ kurze Transportwege
  • Hohe Lieferbereitschaft (hohe Verfügbarkeit der Waren)
  • Niedrigerer Mindestbestand
  • In der Regel optimale Lagerausstattung
  • Bündelung von leistungsfähigen Hilfsmitteln (Hochregallager, FTS, Sorter, Taschensorter)
  • Zentralisierung der Lagerabläufe (hohe Standardisierung)

Nachteile eines zentralen Lagers

  • Geringere Lieferflexibilität
  • Hohe Transportkosten (wenn Standort nicht optimal gewählt)
  • Längere Transportwege
  • Belieferung des Standorts in der Regel einmal am Tag

Charakteristika eines dezentralen Lagers

Eine optimale Distribution kann aber auch darin liegen, mehrere dezentrale Lager zu betreiben. Diese müssen nicht zwangsläufig selbst betrieben, es können dafür auch, wie beim Zentrallager, Logistikdienstleister engagiert werden. Durch dezentrale Lager versucht man zu gewährleisten, dass sich die richtige Ware schon verhältnismäßig nah am Kunden befindet, was mehr Lieferflexibilität und kürzere Lieferzeiten ermöglicht. Wenn sich beispielsweise ein Absatzmarkt eines Unternehmens im Ausland befindet, dann bietet es sich an, ein dezentrales Lager am Flughafen zu positionieren.

Insbesondere bei einem dezentralen Lager ist die Kommunikation und Koordination zwischen der Unternehmenszentrale und den Lagern sowie zwischen den Lagern selbst ein wichtiger Faktor. Es muss immer exakt bekannt sein, wieviel und welche Ware beziehungsweise welches Material sich in welchem Lager befindet, um die optimalen Transportwege zu planen und Kosten sparen zu können; eine professionelle Erfassung sowie Kommunikation von Lagerbeständen und Lagerbewegungen sind deshalb unabdingbar (siehe dazu auch Bestandsverwaltung).

Vorteile eines dezentralen Lagers

  • Hohe Lieferflexibilität
  • Geringere Transportkosten
  • Kürzere Lieferzeit (Aussendung)
  • Belieferung des Standorts in der Regel bis zu dreimal am Tag

Nachteile eines dezentralen Lagers

  • Risiko der Fehlallokation (bestellte Ware nicht am örtlich günstiger gelegenen Lagerstandort)
  • Höhere Investitions- bzw. Betriebskosten
  • Höherer Steuerungsaufwand (Lagerverwaltung, Materialfluss)
  • Hoher Aufwand für die Bestandsverwaltung
  • Höhere Mindestbestände

Kombination aus zentralem Lager und dezentralen Lagern/Filiallagern

Betreibt man ein zentrales Lager, in dem das gesamte Sortiment vorgehalten wird, dann können daraus nicht nur Endkunden beliefert werden, sondern auch dezentrale Lager, sogenannte Filial-, Regional- oder Umschlagslager (siehe auch Filiallogistik). Diese dezentralen Lager enthalten in der Regel nicht das gesamte Sortiment, sind aber im Liefergebiet strategisch optimal verteilt und somit näher am Kunden; was eine schnellere Lieferung ermöglicht und den Lieferservice erhöht. Bei einer solchen Kombination werden kurze Lieferzeiten gewährleistet, indem Artikel mit hoher Umschlagshäufigkeit vor allem dezentral gelagert werden (also näher am Kunden), während das zentrale Lager überwiegend Artikel mit geringer Umschlagshäufigkeit bevorratet.
Anmerkung der Redaktion: Des Weiteren lässt sich noch unterscheiden zwischen Lagern, die der Fertigung dienen und somit die unternehmenseigene Produktionssicht betreffen (Lager für Material, Rohstoffe, Fertig- und Halbfertigteile) sowie Lager, die Waren bevorraten, die an Kunden verkauft und verschickt werden und somit einen kundenzentrierten Fokus haben (siehe dazu auch Materialwirtschaft in Produktion und Logistik).

Wichtig: Das Abwägen zwischen Bestandskosten und Transportkosten ist in der Logistik eine prinzipielle Herausforderung. In der Distributionslogistik kommt noch der Widerspruch zwischen der Kosten- und der Leistungssicht dazu und ebenso können sich auch die Rahmenbedingungen ändern (unternehmensstrategische, gesetzliche, gesellschaftliche etc.). Deshalb sollte die Distributionslogistik regelmäßig überprüft werden, um gegebenenfalls die gewählte Lagerart beziehungsweise den gewählten Lagerstandort entsprechend zu hinterfragen und fortlaufend auf neue Begebenheiten zu optimieren.

Dezentrales oder zentrales Lager? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, weil es von vielen einflussreichen Unternehmenseigenschaften und -vorstellungen abhängig ist. […] Den größten Einfluss auf die Entscheidung haben die Kunden.

Magazin: Lagertechnik direkt

Lagerproblematik im E-Commerce

Im Zuge des immer mehr zunehmenden Onlinehandels haben sich beim Endkunden logistisch betrachtet hohe Ansprüche entwickelt. So soll die Ware so schnell wie möglich an die Haustür geliefert werden (in der Regel am nächsten Tag), während ebenso die Erwartungen an eine umweltschonende Versendung gestiegen sind – beispielsweise durch eine Reduzierung von Lieferfahrzeugen der KEP-Dienstleister und von Verpackungsmitteln. Dem versucht der Einzelhandel gerecht zu werden, indem er stationäre Ladengeschäfte als quasi dezentrale Lagerstandorte identifiziert und diese Bestände nutzt, um die unmittelbare Nähe zum Kunden noch effizienter auszuspielen (Stichwort: same day delivery). So findet man immer häufiger Angebote wie Click and Collect (Cross-Channel) oder spezielle Softwarelösungen zur Händlerintegration.

Zusammenfassung zentrales und dezentrales Lager

Grundsätzlich unterscheiden sich zwei Lagerarten voneinander: einerseits die zentrale Lagerhaltung und andererseits die dezentrale Lagerhaltung. In der Regel sind bei einem Zentrallager die Lagerkosten niedrig, während die Transportkosten hoch sind; bei der dezentralen Lagerhaltung verhält es sich dagegen genau umgekehrt. Eine Kombination aus beiden Lagerarten ist ebenso möglich; dabei werden aus einem zentralen Lager dann nicht nur Kunden beliefert, sondern auch weitere Lager, die als Filial-, Regional- oder Umschlagslager fungieren. Beide Lagerarten müssen nicht zwangsläufig selbst betrieben, sie können auch an einen Logistikdienstleister outgesourct werden. Die Entscheidung für eine bestimmte Lagerart ist sehr individuell und kann nicht pauschal beantwortet werden; letztendlich stellt der Kunde und seine Zufriedenheit eine besonders gewichtige Einflussgröße dar.

Teaserbild: Tim Reckmann / CC BY-SA 3.0

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Zentrales und dezentrales Lager: Zentrallager des Unternehmens EDEKA in Hamm.

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