Weltweit werden jeden Tag gefährliche Güter transportiert. Allein für Deutschland wurde die Gesamtbeförderungsmenge im Jahr 2017 mit rund 310 Millionen Tonnen angegeben, von denen weit vor Eisenbahn und Schifffahrt fast die Hälfte auf den Straßenverkehr entfiel. Unfälle lassen sich dabei nicht vermeiden, dramatische Konsequenzen auf Menschen und Umwelt durch die Einhaltung von Vorsichts- und Sicherungsmaßnahmen jedoch weitgehend minimieren.
Zu ihrem Schutz wurden internationale Regelwerke geschaffen, deren Vorschriften von der Bundesrepublik in der „Gefahrgutverordnung Straße Eisenbahn Binnenschifffahrt“, kurz: GGVSEB, umgesetzt wurden.
ADR – Vorschriften zur Risikominimierung bei Gefahrguttransporten
Im Jahr 1986 bereits hat die EU mit dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter eine für alle Mitgliedsstaaten verbindliche Rechtsgrundlage für Gefahrguttransporte verabschiedet. Die auch unter der Abkürzung des französischen „Accord européen relatif au transport international des marchandises Dangereuses par Route“, ADR, bekannte Verordnung wird seitdem in einem Zwei-Jahres-Rhythmus aktuellen Begebenheiten angepasst, zuletzt im März 2021.
Welche Güter sind gefährlich?
Definiert wird Gefahrgut zusammengefasst als Stoffe oder Gegenstände, von denen im Zusammenhang mit Ihrem Transport Gefahren für die Allgemeinheit entstehen können.
Zu den in der ADR aufgeführten gefährlichen Gütern zählen unter anderem
- Gase und Gasgemische
- entzündbare flüssige und feste Stoffe
- toxische und ansteckungsgefährliche Stoffe
- radioaktive und ätzende Stoffe
- wasser- und umweltgefährdende Stoffe
- Sprengstoffe, Munition und Feuerwerkskörper
Die Kontrollperspektive der Hamburger Wasserschutzpolizei.
Was müssen LKW-Fahrer beachten?
Wer als Lastkraftwagenfahrer Gefahrgut transportieren möchte, muss zahlreiche Vorschriften beachten. Zu ihnen zählen Bauart und Ausrüstung des Transporters ebenso wie die Einhaltung einer Mengenvorgabe und Ladungssicherung eines Gefahrguts, dessen Verpackung, Klassifizierung, Kennzeichnung und Dokumentation. Darüber hinaus benötigt der Fahrer Beförderungspapiere, eine schriftliche Weisung – und nicht zuletzt eine gültige Fahrerlaubnis.
Erforderliche Schulungen
Ein einfacher LKW-Führerschein ist für den Transport gefährlicher Güter nicht ausreichend. Vielmehr muss zudem von jedem Fahrer eine spezielle ADR-Schulung erfolgreich abgeschlossen werden, innerhalb derer Fahrer aus Deutschland auch Kenntnisse über die Vorschriften der GGVSEB nachzuweisen haben. Die ADR-Bescheinigung ist ab ihrem Ausstellungsdatum für fünf Jahre gültig und lässt sich durch einen Auffrischungskurs nahtlos um weitere fünf Jahre verlängern. Für einige Gefahrgüter wird darüber hinaus die Teilnahme an separaten Aufbaukursen vorausgesetzt. Je nach Weiterbildungsstufe sollten bis zu sechs Seminartage und Kosten von rund 300 Euro kalkuliert werden.
Der Prüfungsbogen zum Basiskurs enthält 30 Fragen und erfordert zum Bestehen mindestens 25 korrekte Antworten. Sämtliche Tests werden von der zuständigen Industrie- und Handelskammer abgenommen.
Korrekt ausgestattete Nutzfahrzeuge
Auch die genutzten Lastkraftwagen unterliegen besonderen baulichen Anforderungen. Je nach Größe und Gefahrgut müssen spezifisch festgelegte Bremsausrüstungen oder Geschwindigkeitsbegrenzer in die Fahrzeuge integriert sein. Des Weiteren werden individuelle Anforderungen an die elektrische Ausrüstung und Belüftung, Verbindungseinrichtungen zu möglichen Anhängern oder zur Verhütung von Feuergefahren gestellt. Die entsprechende Zulassungsbescheinigung für die Inbetriebnahme wird durch eine jährlich vorgenommene Untersuchung durch unabhängige Prüfer ausgestellt.
Kennzeichnungspflicht mitgeführter Waren
Entsprechend ihrer Entzündbarkeit, Giftigkeit und ihrem Aggregatzustand werden gefährliche Güter in der ADR in insgesamt neun Hauptklassen mit teilweise weiteren Unterkategorien eingeteilt. Unterschieden werden unter anderem Explosivität bzw. Entzündbarkeit, Aggregatzustand, Toxizität oder auch Radioaktivität.
Ist die Ladung mehr als einer Gefahrgutklasse zuzuordnen, müssen alle einschlägigen Risiken am Wagen und auf den Behältnissen angezeigt werden.
Unabhängig von Art und Beschaffenheit des Gefahrguts erfordert seine auch als Bezettelung bezeichnete ordnungsgemäße Kennzeichnung grundsätzlich aussagekräftige und gut sichtbare orangefarbene Warntafeln mit spezifischen Ziffernkombinationen an der äußeren Vorder- und Rückseite des LKW. Explosive und radioaktive Waren sowie transportierte Container gelten als Sonderfälle und sind durch zusätzliche Großzettel, Gefahrgüter im erwärmten Zustand an allen vier Seiten des LKW kenntlich zu machen.
Eingeführt wurden die Vorschriften zur Kennzeichnungspflicht von Gefahrgütern unter anderem auch als Information für andere Verkehrsteilnehmer. In erster Linie Rettungskräfte an Unfallorten können ihre Maßnahmen so den Gegebenheiten anpassen. Weitere relevante Angaben zur Gefahrgutkennzeichnung beinhaltet die Übersicht des VFR Verlags für Rechtsjournalismus GmbH auf bussgeldkatalog.net.
Verpackung und Verladung
Zu einer maximalen Risikominimierung zählt auch die sachgemäße Gefahrgutverpackung. Ihre Anforderungen ergeben sich unter anderem aus dem Material oder Fassungsvermögen, die Einhaltung wird durch vorab vorgenommene Druck- und Dichtheitsprüfungen gewährleistet. Für die Ladungssicherung sind neben dem Fahrzeugführer auch der Verlader, das beauftragende Unternehmen sowie der Warenempfänger verantwortlich. Verstöße gegen die einschlägigen Vorschriften können mit Bußgeldern geahndet werden.
Einschlägig sind die Transportvorschriften für Gefahrengüter ab dem Überschreiten einer höchstzulässigen Gesamtmenge, die in Abhängigkeit des Fahrzeugs und der Waren anhand eines Punktekatalogs berechnet wird. Bis dahin können fallabhängige Freistellungsregelungen in Anspruch genommen werden.
Ausrüstung für die Fahrzeugbesatzung
Jedes Besatzungsmitglied des LKW muss mit einer eigenen Standardausrüstung inklusive Warnweste, Schutzhandschuhen oder -brille ausgestattet sein. Neben dem üblichen Warndreieck und Erste-Hilfe-Material ist zudem die Mitnahme eines Feuerlöschers und Beleuchtungsgerätes verpflichtend. In Einzelfällen zählen zudem ein Atemschutz, eine Schaufel oder ein Auffangbehälter zum vorgeschriebenen Equipment.
Schließlich muss der Fahrzeugführer für den möglichen Eintritt unvorhergesehener Zwischenfälle sogenannte schriftliche Weisungen bei sich führen. Die Unfallmerkblätter enthalten Verhaltensinstruktionen für unfallbedingte Notfallsituationen und werden vom Beförderungsunternehmen bereitgestellt. Sollte ein Mitglied der Fahrzeugbesatzung kein Deutsch verstehen, ist eine Fassung in der benötigten Fremdsprache beizulegen.
Zusammenfassung und weiterführende Informationen
Mit dem Einhalten der genannten Vorschriften ist es möglich, Konsequenzen aus Unfällen von Gefahrguttransportern auf ein Minimum zu reduzieren. Durch das verbindliche Regelwerk lassen sich auch künftig drastische Folgen von Straßenverkehrsunfällen mit Gefahrgut-Transportern weitestgehend vermeiden.
Weiterführende Informationen:
Bußgelder bei Überladung
Der CMR-Frachtbrief
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