Out-of-Stock bezeichnet klassischerweise einen Regalplatz im stationären Einzelhandel, der den vorgesehenen Artikel nicht mehr enthält, im Deutschen auch Regallücke genannt.
Die Abgrenzung zum Begriff der Fehlmenge besteht darin, dass es sich bei Out-of-Stocks (OOS) ausschließlich um das direkte Verhältnis zwischen Händler und Endkunde (Verbraucher) handelt, Letzterer also derjenige ist, der auf die Regallücke trifft. Während die ursprüngliche Definition von OOS die Situation beschreibt, in der ein Regalschild das Produkt deklariert, der entsprechende Regalplatz aber leer ist, sind modernere Definitionen weiter gefasst: Einerseits bezieht sich OOS mittlerweile nicht nur auf den stationären Handel, sondern auch auf den E-Commerce (Onlinehandel), andererseits aber auch mit mehr Fokus auf die Konsumentensicht.
Definition of Out-of-Stock: A product not found in the desired form, flavour, or size, not found in saleable condition, or not shelved in the expected location – from the perspective of the consumer.
Roland Berger Strategy Consultants (2003),“Optimal Shelf Availability: Increasing Shopper Satisfaction at the Moment of Truth,” ECR Europe.
Messen von Out-of-Stock
Out-of-Stocks können mittels unterschiedlicher Verfahren gemessen werden:
- Manuelle Messung
- Durch Verwendung von POS-Daten (Point of Sale)
Bei der sehr personalintensiven manuellen Messung werden die Regale vor Ort systematisch auf Lücken überprüft. Dagegen werden durch mathematisch-statistische Verfahren auf Basis von Abverkaufsmustern OOS prognostiziert, indem konkrete Daten vom Point of Sale herangezogen werden. So lassen sich anhand von Umschlaghäufigkeit und Volatilität (Schwankungen in bestimmten Zeitabständen/Zeitreihen) Abverkaufsmuster eines Artikels herleiten.
Identifiziert man auf diese Weise (statistisch) eine Regallücke, dann wird der Entscheidungsträger informiert und das Personal vor Ort überprüft, ob ein entsprechender OOS vorhanden ist oder nicht. Bei den mathematisch-statistischen Messverfahren lassen sich wiederum zwei Methoden unterscheiden: die Niveauanalyse und die Frequenzanalyse.
- Bei der Niveauanalyse kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ein OOS bestimmt werden, indem man Untergrenzen für den tagesbezogenen Abverkauf eines Artikels festlegt; wird diese Grenze unterschritten, dann liegt höchstwahrscheinlich eine Regallücke vor.
- Die Frequenzanalyse fokussiert sich stattdessen auf eine festgelegte zeitliche Intervallgrenze, die den zeitlichen Abstand zwischen den Abverkäufen eines bestimmten Artikels determiniert; überschreitet dieses Intervall den Grenzwert (der zeitliche Abstand wird größer), dann liegt dies ebenso höchstwahrscheinlich an einer Regallücke.
Wichtig: Um mathematisch-statistische Verfahren zu implementieren, ist es wichtig, eine gute Datenbasis zu haben; insbesondere bezüglich historischer Daten, Aggregationsniveau und Qualität. Mit solchen Methoden lassen sich allerdings nur Artikel mit verhältnismäßig hoher konstanter Umschlaggeschwindigkeit und niedriger Volatilität annähernd exakt prognostizieren.
Die Out-of-Stock-Quote
Die Out-of-Sock-Quote drückt in Prozent aus, wie hoch der Anteil der nicht verfügbaren Artikel an der Gesamtzahl der geführten (oder nachgefragten) Artikel ist. Zur Verdeutlichung, ein klares Beispiel aus dem E-Commerce: Ein Webshop-Betreiber kann in einem Monat von 28.500 bestellten Artikeln 500 nicht innerhalb der zugesagten zwei Werktage nach Bestellung ausliefern.
Neben der reinen Ermittlung der OOS-Quote ist es sinnvoll, OOS-Situationen nach ihrem Auftreten zu segmentieren, beispielsweise nach Tagen, Uhrzeit, Aktionszeiträumen, sowie nach Hersteller- und Warengruppen.
Diese Kennzahl (Quoten-Kennzahl) lässt auf die Qualität der Logistik/Warenwirtschaft und Absatzplanung schließen. Darüber hinaus liefert sie Erkenntnisse hinsichtlich Umsatzverlusten durch nicht befriedigte Nachfrage. Grundsätzlich sind Out-of-Stock-Situationen betriebswirtschaftlich negativ zu bewerten, da sie den Umsatz reduzieren, die Absatzplanung erschweren und unnötig hohe Logistikkosten (siehe auch Lagerhaltungskosten) verursachen.
Ursachen von OOS
Zu den häufigsten Ursachen ungeplanter Regallücken zählen:
- Bestellprobleme
- Unzulänglichkeiten bei der Regalbefüllung
- Liefer- und Platzierungsprobleme
- Listungsdifferenzen*
Insgesamt lässt sich also festhalten: In fast Dreiviertel aller Fälle liegen die Ursachen von OOS in den Praktiken und Prozessen der Filialen. Nur in 28 Prozent der Fälle ist die Supply Chain als Ursachenquelle identifizierbar. […] Die von unserer Studie ermittelten Ergebnisse sprechen dafür, den Fokus zukünftiger Verbesserungsmaßnahmen zusätzlich auf die letzten 50 Meter der Versorgungskette zu legen.
Kundenreaktionen auf OOS
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Kunden auf eine Regallücke reagieren können:
- Kaufabbruch (entgangener Umsatz für Hersteller und Händler)
- Kaufaufschub
- Geschäftswechsel (entgangener Umsatz zu Lasten des Händlers)
- Markenwechsel (entgangener Umsatz zu Lasten des Herstellers)
- Variantenwechsel
Somit können OOS zu Umsatzverlusten sowohl beim Händler, als auch beim Hersteller oder auch zu Käuferwanderungen führen, indem nicht gekauft, woanders gekauft wird oder indem der gewünschte Artikel durch ein Produkt eines anderen Herstellers substituiert wird. Um Out-of-Stocks zu reduzieren bieten sich zahlreiche Maßnahmen an, die an verschiedenen Punkten ansetzen und die entsprechenden Ursachen beheben. Die Automatisierung der OOS-Erkennung und der Disposition stellen beispielsweise zusammen einen ganzheitlichen Lösungsansatz dar, um die OOS-Quote zu verringern.
Zusammenfassung Out-of-Stock
Out-of-Stock beschreibt die Nichtverfügbarkeit von aus Kundensicht erwarteten oder bereits ausgezeichneten Produkten am sogenannten Point of Sale. Letzterer beinhaltet dank der Digitalisierung auch den Onlinehandel – eben überall dort, wo der Endkunde seine Ware erwartet, aber keine antrifft. Es handelt sich somit um die Fehlmengen eines Produkts, das an einem dafür mit Label ausgewiesenen Regalplatz nicht vorhanden oder nicht in erwartetem Zustand vorhanden ist. Als Merkmal von Listungsdifferenzen zählt dazu auch die faktische Nichtlistung eines zwischen Hersteller und Handelszentrale vereinbarten Pflichtartikels. Nachteile einer solchen Situation: Bei mangelnder Warenverfügbarkeit wechselt der Kunde oftmals das Geschäft oder entscheidet sich für eine andere Marke. Deshalb werden Out-of-Stocks beispielsweise durch Optimal-Shelf-Availability (OSA) verringert, allerdings macht eine vollständige Beseitigung wirtschaftlich keinen Sinn, da gemäß eines abnehmenden Grenznutzens die zugewonnene Regalverfügbarkeit ab einem bestimmten Maß keinen weiteren Nutzen bringt.
*Listungsdifferenzen ist ein in der Filiallogistik geläufiger Begriff: Vereinbarung über die Verfügbarkeit bestimmter Artikel zwischen Hersteller und Handelszentrale wird von einer Filiale nicht oder verzögert umgesetzt. Aus logistischer Sicht keine Regallücke, aus Kundensicht allerdings schon, da diese Artikel quasi erwartet werden und das Nichtvorhandensein ähnliche Reaktionsmuster hervorruft wie eine echte Regallücke.
Artikelbild: Andrew Heneen / CC BY 4.0
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