In vielen Unternehmen ist es üblich, dass sich die Kollegen ihre Bestellungen bei Amazon und Co. direkt ins Büro liefern lassen. Ist dieses Vorgehen eigentlich erlaubt oder sollte man zuvor seinen Vorgesetzten nach Erlaubnis fragen? Wer haftet ab dem Zeitpunkt der Annahme?
Die Erfolgsgeschichte des E-Commerce ist beispiellos. Sie nahm Mitte der Neunziger Jahre ihren Lauf, als 1995 das Internet für die Wirtschaft geöffnet wurde und die ersten Onlinehändler an den elektronischen Markt drängten. Darunter selbstverständlich die heutigen Giganten Amazon und Ebay – und Dell als dritter im Bunde. Inzwischen ist der E-Commerce um unzählige Händler und mehrere Milliarden Umsatz angewachsen.
Vom enormen Angebot profitieren sicherlich die berufstätigen Kunden am meisten. Unabhängig vom Wochentag und Uhrzeit können sie entspannt von zu Hause aus Kleidung, Elektronik bis hin zu Möbeln und Lebensmitteln kaufen. Wenn es allerdings um den Empfang der Ware geht, läuft’s bekanntlich nicht mehr ganz so geschmeidig. Da die Lieferungen meist dann erfolgen, wenn Berufstätige nicht zuhause sind, lassen sich Arbeitnehmer ihre privaten Pakete gerne mal an der Arbeitsstelle zustellen, denn so können sie ihre Ware auch garantiert in Empfang und nach Feierabend direkt mit nach Hause nehmen.
Privatpakete: Nicht verboten heißt nicht gleich erlaubt
Von vielen Arbeitgebern, meist in kleineren Unternehmen, wird das in der Regel toleriert, zumindest solange es im Rahmen bleibt. Sollte es jedoch überhandnehmen und andere Mitarbeiter sowie der normale Betriebsablauf durch die eingehenden Privatpakete gestört werden, kann der Arbeitgeber dies umgehend verbieten. Denn selbst wenn der Empfang konkret keine Kosten für das Unternehmen verursacht, wird dafür doch Arbeitszeit der Kollegen und Lagerfläche benötigt. Somit steht es dem Arbeitgeber zu, ein Verbot auszusprechen und bei eventuellen Verstößen Abmahnungen an die betreffende Personen zu erteilen.
In der Praxis kann es trotzdem erlaubt sein – auf zwei Wegen: erstens ausdrücklich, per Aushang oder Rundmail etwa. Oder zweitens durch die tatsächliche Handhabung: Diese greift dann, wenn Mitarbeiter sich Pakete einfach schicken lassen und der Arbeitgeber das toleriert.
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Und das mit Recht: Laut dem sogenannten arbeitgeberseitigen Direktionsrecht, § 106 Gewerbeordnung (GewO), darf die Unternehmensleitung einseitig den Arbeitsinhalt, den Arbeitsort und die Arbeitszeit unter Beachtung der geltenden Gesetze und etwaigen Beteiligungsrechten des Betriebsrats näher bestimmen und Weisungen zur Ordnung im Betrieb und dem Verhalten der Mitarbeiter aussprechen. Abreitnehmer sollten sich daher vorab absichern, wie die Regelung dazu im Unternehmen lautet. Oftmals ist das in der Betriebsordnung festgelegt. Aber selbst wenn der Empfang hingenommen wird, bleibt offen, wer am Ende haftet, sollte das für Kollegen angenommene Privatpaket verschwinden. Ist es derjenige, der es angenommen hat, oder doch der Arbeitgeber?
“Der Arbeitgeber hat das Hausrecht und ist für die Betriebsorganisation verantwortlich. Arbeitnehmer haben keinen Anspruch darauf, dass er das erlauben muss.”
Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein
Verschiedene, arbeitnehmerfreundliche (Zustell-)Optionen abwägen
Die meisten Paketdienste sind mittlerweile dabei, ihre Serviceleistung entsprechend zu erweitern, um das Problem der nicht zugestellten Sendungen zu umgehen. Neben Paketstationen und -shops, gibt es Lösungen, die sich an den Bedürfnissen von Berufstätigen orientieren. Dazu gehören etwa Wunschzeit-Zustellungen – von der regelmäßigen Zustellung an einem bestimmten Tag bis hin zu einem Zwei-Stunden-Zeitfenster. Doch selbst hier ist der Empfang längst nicht garantiert. Arbeitgeber sollten daher Lösungen in Erwägung ziehen, die den Empfang privater Pakete im Unternehmen offiziell ermöglichen. Ein solcher Service kann den Mitarbeitern als kostenfreier Social Benefit angeboten werden, zudem sind damit sämtliche Rechtsfragen zum Paketempfang geklärt.
So oder so gilt: Unternehmen sind in jedem Fall gut beraten, ihre Mitarbeiter zum Thema Anlieferung von privaten Sendungen am Arbeitsplatz aufzuklären und ihnen einen rechtssicheren Rahmen zu geben. Aber auch Arbeitnehmer sollten sich vorab erkundigen, welche Vorgaben im Unternehmen bezüglich des Empfangs von privaten Paketen bestehen. Nicht zu unterschätzen ist außerdem der Begleiteffekt, der sich durch die offizielle Erlaubnis ergibt: Wird der Empfang privater Pakete als Mitarbeiterservice angeboten, zahlt das positiv auf die Arbeitgebermarke ein. Ein Grund mehr für Unternehmen, sich so langsam dem Thema Paketempfang anzunehmen.
Weitere Informationen zum Thema: Paketbestellungen an den Arbeitsplatz – Welche Handlungsmöglichkeiten hat der Arbeitgeber?
Bildquelle: pxhere
pakadoo – Redaktion
pakadoo ist eine digitale Zustelllösung, die es ermöglicht, sich private Pakete offiziell ins Büro bzw. seit kurzem auch an öffentlich zugängliche Paketschränke zustellen zu lassen – unabhängig vom Paketdienst. Das 2015 gegründete Corporate Startup der LGI Logistics Group International GmbH wurde im Dezember 2018 zur eigenständigen pakadoo GmbH.
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