Zahlreiche Ansätze des Supply Chain Management (SCM) lassen sich mit dem Zeitungsjungenmodell (Newsvendor Modell – NVM) erklären. Dieses Modell, – das ursprünglich aus dem Bestandsmanagement kommt – bewertet sowohl die Kosten zu hoher Bestände als auch die Kosten zu niedriger Bestände und gelangt durch mathematisch-statistische Analyse zu einem – modellhaften – gewinnmaximalen Bestand. Dieser optimale Bestand kann für ein gesamtes Liefernetzwerk berechnet oder simuliert werden.

Was sind Bestände im SCM?

In einem Liefer- und Leistungsnetzwerk kann (muss) der Begriff der “Bestände” wesentlich weiter gefasst werden als nur auf Materialbestände. Daher erhält der Begriff des Bestandes einen menschlichen Handlungsvorrat, also einen umfassenden Vorrat an menschlichen Handlungsoptionen.

Voraussetzungen beim klassischen Zeitungsjungenmodell

Das klassische NVM hat einige einschränkende Voraussetzungen, die im folgenden expliziert sind:

  • Unsichere Nachfragesituation (z.B. Saisonwaren, innovative Produkte und Dienstleistungen)
  • Einperiodisches Modell (z.B. keine Nachlieferungen während der Verkaufsperiode möglich aufgrund zu langer Lieferzeiten im Verhältnis zur Verkaufsperiode)
  • Abverkaufspreise liegen unter den Einstandskosten, wobei in die Einstandskosten auch die diskontierten Lagerhaltungskosten inkludiert werden.

Unter- und Überbestandskosten sind nicht symmetrisch verteilt

Durch zahlreiche Adaptionen kann das klassische NVM sukzessive an die komplexen Anforderungen der logistischen Realität herangeführt werden und zahlreiche fest geglaubte Daten in den Unternehmen ins Wanken bringen. Beispielsweise sind die sicher geglaubten “optimalen Bestellmengen” nur dann korrekt, wenn die Unter- und Überbestandskosten gleich hoch und symmetrisch verteilt sind. Dies ist jedoch nur in äußerst seltenen Ausnahmefällen der Fall. Somit sind diese Berechnungen von – zum Teil hoch angesehenen ERP-Systemen – schlichtweg falsch und führen Mitarbeiter und Manager in die Irre. Freilich fällt dies wachsamen Disponenten in der Praxis auf, dass irgendetwas nicht stimmen kann! Aber wenn bereits leise Kritik an renommierten ERP-Systemen als blasphemisch erachtet werden, dann ist die Kritik von Mitarbeitern, die an der Basis tätig sind, bald verstummt.

Über- und Unterbestandskosten in der Supply Chain

Schließlich ist die große Herausforderung für SC-Manager die Über- und Unterbestandskosten für eine erfolgskritische Liefer- und Leistungskette zu berechnen. Die Herausforderung für das SCM besteht hier nun darin die übersummativen Risikokosten (Unter- und Überbestandskosten der gesamten erfolgskritischen Lieferkette) so auf die einzelnen Beteiligten zu verteilen, dass die 3 Grundvoraussetzungen jeglichen – erfolgreichen – Supply Chain Managements gewahrt bleiben. Die Lieferkette muss in der vertikalen Kooperation einen Mehrwert erlangen, keiner der Beteiligten der Lieferkette darf schlechter gestellt werden (Paretoeffizenz) und schließlich muss der Endkunde über ein besseres Preis-/Leistungsverhältnis verfügen.  Das Newsvendor-Modell ist ein wesentliches Werkzeug um diesen hohen Anforderungen der Zukunft gerecht werden zu können.

Weitere Informationen zu Supply Chain Management finden Sie unter “Logistiker der Zukunft” – Supply Chain Manager.

Bildquelle: © Mike Licht, Lizenz: (CC BY 2.0)

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