Lean Administration
Neben der klassischen Prozessoptimierung haben sich in den letzten Jahren verschiedene Ansätze von Lean Management und Lean Administration entwickelt, um neben den Produktionsprozessen auch die administrativen Prozesse in Unternehmen und Betrieben wertschöpfungsorientiert zu analysieren und zu optimieren.

Mit zunehmender Ausnutzung der Produktionspotenziale rückt zusätzlich die Optimierung der Geschäftsprozesse in einem Hochlohnland wie Deutschland immer weiter in den Vordergrund. Dies betrifft produzierende Unternehmen ebenso wie reine Dienstleistungsunternehmen oder öffentlichen Verwaltungen.

Optimierungspotential durch Lean Administration

Das durch Lean Administration zu erzielende Verbesserungspotenzial wird dabei weitestgehend unterschätzt. Zu optimierende administrative Prozesse sind in allen Bereichen eines Unternehmens und entlang der gesamten Supply Chain, inklusive der Zulieferer- und Kundenprozesse, auffindbar. Ein besonderes Augenmerk sollte bei der Optimierung auf die Schnittstellen zwischen den einzelnen Abteilungen und Bereichen gelegt werden, da dort besonders häufig versteckte Potenziale liegen. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass etwa ein Drittel aller administrativen Tätigkeiten „unproduktiv“ – sprich eine Verschwendung – sind.

Die im „Kampf gegen Verschwendung“ verwendeten Ansätze basieren dabei alle auf den fünf Prinzipien des Lean Thinking. Diese fünf aus der Produktion bekannten Ansätze lassen sich im Detail sehr gut auf die administrativen Bereiche anwenden. Dies wird an den folgenden Erläuterungen ersichtlich:

Die fünf Prinzipien des Lean Thinking

1. Kundenorientierung
Im Zentrum von Lean Administration steht der Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung aus Sicht des Kunden, sowohl des internen als auch eines externen Kunden. Der Kunde zahlt nur für ein Produkt oder eine Servicedienstleistung, die für ihn einen erkennbaren Mehrwert bietet. Daher ist es wichtig, dass jegliche Anforderungen des Kunden bekannt sind oder detailliert hinterfragt werden.

2. Identifikation des Wertschöpfungsstroms
Tätigkeiten, die nicht wertschöpfend sind, sind Verschwendung und sollten weitestgehend eliminiert werden. Hierfür muss detailliert analysiert werden, welche Tätigkeiten tatsächlich notwendig sind und auf welche verzichtet werden kann.

3. Das Fluss-Prinzip
Unter dem Fluss-Prinzip versteht man, dass die verschiedenen Arbeitsschritte bis zum fertigen Produkt oder der durchgeführten Dienstleistung nahtlos und ohne Verzögerung ineinandergreifen. Wartezeiten oder Doppelarbeiten sind Verschwendung und müssen daher ebenfalls eliminiert werden. Unterbrechungsfreie Abläufe ohne Schnittstellen beschleunigen einen Prozess nachhaltig.

4. Das Pull-Prinzip
Dieses grundlegende Prinzip besagt, dass nur die tatsächlich geforderten Produkte oder Dienstleistungen erstellt werden dürfen. Eine Leistung soll erst dann erbracht werden, wenn der Kunde sie tatsächlich benötigt. Dadurch kann jede Form von Über- oder Fehlproduktion vermieden werden.

5. Streben nach Perfektion
Nur durch permanentes Hinterfragen, ob die in der Vergangenheit als effizient definierten Prozesse bei eventuellen Veränderungen der Rahmenbedingungen sowie bei Anpassungen der Kundenanforderungen, neuen Technologien oder gesetzlichen Vorgaben immer noch effizient sind, gelingt es eine kontinuierliche Optimierung und Sicherung der Effizienz zu gewährleisten.

Basierend auf diesen grundlegenden Ansätzen, kann man mit der Lean Administration Methodik die vorhandenen Potenziale in den Verwaltungs- und Dienstleistungsprozessen heben und die betrachteten Abläufe nachhaltig optimieren. Das Ziel ist evident: möglichst jede Tätigkeit muss tatsächlich zur Wertschöpfung beitragen und unnötige Abläufe abgestellt werden. Auf diese Weise wird nicht nur die Produktivität und Effizienz in den administrativen Bereichen gesteigert, sondern auch Durchlaufzeiten verringert und Verfügbarkeiten erhöht. Das Unternehmen gewinnt durch die konsequente Umsetzung von Lean Administration Transparenz in den betrachteten Abläufen und kann, mit Hilfe einer Prozesskostenanalyse, auch Kosten genauer und verursachungsgerecht zuordnen, kontrollieren und reduzieren.

Unterscheidung zwischen den Haupttätigkeiten, notwendigen Tätigkeiten und organisatorischen Tätigkeiten

Eine klare Unterscheidung zwischen den Haupttätigkeiten, notwendigen Tätigkeiten und organisatorischen Tätigkeiten vorzunehmen, ist eine zentrale Voraussetzung und ermöglicht für jede Tätigkeitsform das passende Herangehen zur Optimierung wählen zu können.

Unter den Haupttätigkeiten werden die wertsteigernden Tätigkeiten eines Prozesses zusammengefasst; die Nebentätigkeiten sind notwendig, aber nicht wertschöpfend und müssen daher kritisch betrachtet werden. Organisatorische Tätigkeiten kompensieren oft nicht optimal abgestimmte Abläufe und sind daher auf ein absolut notweniges Maß zu reduzieren.

Verschwendung kann neben nicht ausreichend abgestimmten Prozessen auch durch nicht funktionell gestaltete Arbeitsplätze verursacht werden. Vor allem an Schnittstellen kommt es oft zu vielzähligen und aufwendigen Rückfragen.

Die positiven Auswirkungen von Lean Administration auf die indirekten Bereiche sind vergleichbar mit den Ergebnissen einer Einführung von „Lean Production“ in der fertigenden Industrie. Das resultiert daraus, dass alle bekannten Verschwendungsarten in den administrativen bzw. indirekten Bereichen gefunden werden können, die es auch in der Produktion gibt. Diese lassen sich alle problemlos auf die Administration transferieren. Beispiele für Verschwendung in den administrativen Bereichen sind Doppelarbeiten, hohe Arbeitsvorräte oder lange Durchlaufzeiten.

Den zweiten Teil dieses Beitrags finden Sie unter Lean Administration – Kampf gegen Verschwendung in der Administration (Teil II)

Bildquelle: © Wassermann AG