Online, offline – oder Omni-Channel beziehungsweise Cross-Channel: Heute gibt es viele Mittel und Wege für den Kauf von Produkten. Während der Onlinehandel vor allem mit Komfort und einem großen Angebot punktet, liegt der stationäre Einzelhandel (noch) in Sachen Kundenbindung vorne. Neben dem multisensorischen Erlebnis sorgen allen voran die zwischenmenschlichen Kontaktpunkte für eine persönliche, emotionale Bindung, englisch Customer Experience, zwischen Marke/Geschäft und Konsument. Entscheidet sich der Kunde gegen das Internet und für den stationären Handel, kann er dort das Produkt optisch und haptisch erfahren. Gefällt, was er sieht, fühlt und/oder riecht, liegen zwischen Kaufentscheidung, -abschluss und tatsächlichem Besitzen in der Regel nur einige Minuten. Der Bummel wird somit zum erfolgreichen Einkauf und die Ware kann direkt, ohne Lieferzeit dazwischen, mit nach Hause genommen werden.

(K)ein Weg zurück? – für stationären Handel und E-Commerce gelten unterschiedliche Rückgaberegelungen

Beim Einkauf, egal ob online oder offline, müssen jedoch die dazugehörigen Gesetzgebungen hinsichtlich der Warenrückgabe (lokal) beziehungsweise Retoure (online) (siehe dazu auch Retouren im Onlinehandel: Das Geld fährt auf der Straße) erwähnt werden. Grundsätzlich steht dem Verbraucher bei einem Abschluss eines Fernabsatzvertrags ein Recht auf Widerruf zu (siehe auch Distanzhandel). Konkret auf den E-Commerce-Widerruf bezogen bedeutet das eine Rückgabefrist von 14 Tagen, auch wenn die Ware bereits benutzt worden ist. Davon ausgenommen sind beispielsweise Artikel aus dem Bereich Gesundheit und Hygiene. Wichtig: Das Unternehmen darf die Retourenkosten dem Käufer auferlegen, sofern er dies im Vorfeld vertraglich festgeschrieben hat.

Hilfreich ist hier aber die gesetzliche Vermutung, dass ein Mangel, der innerhalb von sechs Monaten nach der Lieferung auftaucht, von Anfang an da war. Nach diesem Zeitraum dreht sich die Beweislast um, und der Kunde muss selbst beweisen, dass der Mangel zum Beispiel nicht auf Fehler bei der Handhabung zurückzuführen ist.

Sylvia Kaufhold vom Deutschen Anwaltverein (DAV) gegenüber der Welt

Beim stationären Handel spricht man hingegen vom sogenannten Umtausch. Hier ist der Händler nicht per Gesetz verpflichtet, gekaufte Ware zurückzunehmen. In der Regel erhält der Kunde einen Ersatz oder etwa einen Gutschein als Gegenwert – alles aus Gründen der Kulanz. Generell gilt: Der Verbraucher muss den Widerruf gegenüber dem Händler erklären; bei online erworbener Ware muss der Verbraucher das nicht.

Nicht immer erwartungsgemäß: Paketzustellung entscheidet über Kundenbindung

Diese Vorzüge versucht der Internethandel ebenfalls zu bieten. So ganz gelingt es ihm jedoch nicht – insbesondere beim fühlbaren Erlebnis sind ihm Grenzen gesetzt, dem Kunden die gewünschte Customer Experience zu bieten. Was das Tempo angeht, hat der E-Commerce sicherlich zugelegt. Das muss er auch, um den Erwartungen der Kunden zu entsprechen. Laut dem MetaPack State of eCommerce Delivery Report von 2018 hat eine schnelle Lieferung immerhin für 54 Prozent der Konsumenten obere Priorität. Ebenso viele möchten sich zwischen verschiedenen Paketdienstleistern entscheiden können, 58 Prozent der Kunden erwarten zudem eine Auswahl an Zustellalternativen. Diese Ergebnisse machen deutlich, wie entscheidend der Versand und die erfolgreiche Paketzustellung für die Kundenbindung sind, obwohl das in den Händen der Lieferdienste liegt.

Customer Centricity: Der Wille ist da, der Weg noch nicht ganz klar

Die Kundenzentrierung hat bei vielen Versandhändlern zwar oberste Priorität, dennoch zeigte die E-Commerce Versandstudie 2018 von parcelLab einige Defizite in Sachen Versand und Retoure deutscher Onlineshops auf. So kann der Kunde beispielsweise bei knapp 80 Prozent der getesteten Onlineshops nicht zwischen verschiedenen Paketdienstleistern wählen und muss sich mit dem kooperierenden Logistiker des Shops zufriedengeben (siehe auch Einfluss von Lieferoptionen auf die Kaufentscheidung). Das spielt auch für die Aufgabe von Retouren eine nicht unwesentliche Rolle, denn einige der Lieferdienstleister haben nach wie vor kein besonders engmaschiges Netz an Paketshops. Möchte der Käufer ein Produkt zurücksenden, liegt das Rücksendeetikett nur bei knapp 50 Prozent dem Paket bei und muss dann selbst ausgedruckt werden. Bei hochpreisigen Waren, wie beispielsweise Elektrogeräten, setzen einige Hersteller auf einen in den Retouren-Prozess implementierten RMA-Prozess. Eine schnelle sowie kostenfreie Lieferung (Wunsch von zwei Dritteln der Käufer, so das Ergebnis von MetaPack) wird laut der parcelLab-Untersuchung ebenfalls nur bedingt erfüllt. Bei knapp der Hälfte des Shops ist die Lieferung kostenpflichtig, auf einen verbindlichen Liefertermin möchte sich der Großteil der Händler lieber nicht festlegen. Gerade einmal zwölf der 100 getesteten Retailer machen hier eine exakte Angabe, 17 Prozent verzichten sogar völlig auf eine Lieferinformation. Positive Customer Experience? Fehlanzeige.

Hinweis der Redaktion: Es geht allerdings auch anders, ein kostenpflichtiger Vorteil des Online-Marktplatzes; Amazon sowie eBay bieten jeweils einen individuellen Premiumversand an, der eine Lieferung innerhalb von 24 Stunden ermöglicht und dabei sogar ‚kostenlos‘ ist.

Customer Experience – der Kunde ist König – zumindest bis zum Checkout

Offenbar hat die physische Distanz zum Kunden viele Onlinehändler in Sachen Kauferlebnis ein wenig abgestumpft. Anstatt den Versand- und den Retourenservice auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden auszurichten, muss dieser sich, sofern er eine Bestellung tätigen möchte, den Prozessen des Händlers beugen, Diese müssen zwar rechtlichen Vorgaben genügen, doch in punkto Service nicht unbedingt den Kundenwünschen entsprechen. Andererseits kommt der Kunde so auch in den Genuss der Vorteile des Onlinehandels: ein breiteres oder tieferes Sortiment als im stationären Handel, oftmals günstigere Preise sowie die Möglichkeit, direkt vom heimischen Sofa aus einzukaufen ohne sich über fehlendes beziehungsweise schlecht qualifiziertes Verkaufspersonal ärgern zu müssen. Doch wie lässt sich diese Lücke nun schließen und ein Weg finden, der sowohl dem Kunden, aber auch dem Händler entgegenkommt? Zumindest was eine konsistente Kommunikation angeht, liegt diese im Herrschaftsbereich der Shop-Betreiber. In einer Zeit, in der ständige Erreichbarkeit und Reaktionen innerhalb kürzester Zeit vorausgesetzt werden, ist es nicht nachvollziehbar, dass viele hier nachlässig sind. Beispielhaft auch hier die parcelLab-Studie: Eine Versandbestätigung verschicken nur 97 der 100 Shops, im Anschluss daran brechen elf Händler die Kommunikation völlig ab. Eine Funkstille, die nicht sein muss. So gibt es bereits Lösungen, die eine sogenannte Post-Purchase-Kommunikation unterstützen.

Vorteile stationärer Handel

  • Physischer Kontakt mit dem Produkt
  • Beratung vor Ort durch Fachpersonal
  • Einkaufserlebnis (Kontakt mit Menschen, Showrooms)
  • Reklamationen sowie Zahlungsabwicklungen lassen sich persönlich steuern
  • Keine Versandkosten, kein Mindestbestellwert

Vorteile E-Commerce

  • Artikel sind überall verfügbar
  • Keine Öffnungszeiten
  • Preisvergleiche sind mit wenigen Klicks möglich (Markttransparenz)
  • Große Auswahl an Artikeln
  • Kundeninformationen sind in der Regel automatisch verfügbar
  • Personalisierte Ansprache im Netz (Werbung)
  • Beratung via Chat oder Chatbot möglich
  • Viele Varianten des Bezahlens
  • Retouren/Widerspruch ohne Erklärung / Nennung des Grundes
  • Kundenrezensionen

Support für Zustellprobleme und damit auch für die Kundenbindung

Auch bei der eigentlichen Zustellung und der Aufgabe von Retouren können ‚Externe‘ die Lieferdienste und damit die Internethändler unterstützen. Auch hierfür gibt es Anbieter digitaler Lösungen, die beispielsweise die Zustellung ins Büro oder paketdienstübergreifend an öffentlich zugängliche Paketschränke oder Paketshops ermöglichen. Während wiederum ein anderer das Paketshop-Prinzip mit einem sozialen Netzwerk verbindet und den Empfänger einfach selbst per App eine passende Abholstation bestimmen lässt. Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl an weiteren Ansätzen für die letzte Meile. Interessant ist, dass es oftmals Start-ups sind, die sich die neuen Technologien zunutze machen und Services entwickeln, die Onlinehändlern, Lieferdiensten und Kunden die letzten Paketmeter erleichtern.

Eine lückenlose Reise ermöglichen

Für Onlinehändler sind die oben erwähnten Schritte, die an den Kauf anschließen, nicht unwesentlich. Schließlich wird der Kunde an der Haustüre überzeugt, weshalb Shop-Betreiber den gesamten Kaufprozess im Blick haben und – soweit möglich – bis zum Ende steuern und begleiten sollten. Denn gerade im Zeitalter des digitalen Handels sind treue Kunden wertvoll und ein guter Kundenservice gepaart mit positiven Kauferlebnissen die beste Möglichkeit, von der großen Masse der Anbieter im Netz abzuheben und so für eine positive Customer Experience zu sorgen. Andererseits muss der stationäre Handel seine Stärken besser ausspielen. Fachpersonal aus Kostengründen aus den lokalen Läden abzuziehen ist zwar der einfachste Schritt, schnell eine positive Bilanz zu schreiben; nachhaltig gesehen rächt sich aber genau dieser Einschnitt – der Kunde benötigt diese Beratung. Es gilt: Der Kunde nutzt mittlerweile verschiedene Kanäle um Wareneinkäufe abzuwickeln. „Mal informiert sich der Konsument zuerst gründlich im Internet, kauft aber letztendlich vor Ort in einer Filiale das gewünschte Produkt, weil er es begutachten, an- oder ausprobieren oder sich zusätzlich persönlich vom Fachverkäufer beraten lassen möchte. Ein anderes Mal ist es genau umgekehrt: Der Käufer geht nur zur ersten Information ins Geschäft und kauft dann doch online ein, weil es billiger und dank direkter Lieferung bequemer ist“, so Robert Walters, Personalberatung.